ORF feiert Wien als Krypto-Hotspot – Europa vs. USA: Wer führt?

7 Stunden ago by · 4 Min. read

Wien der Krypto-Hotspot in Europa? Faktencheck zur ORF-These – mit aktuellen Daten zu MiCA, US-ETFs, 401(k)-Öffnung und Deutschlands DAC8 ab 2026.

Der ORF erklärt Wien zum globalen Krypto-Hotspot, Europa angeblich vor den USA. Wir prüfen die Behauptung mit belastbaren Indikatoren: MiCA-Fortschritt, US-Reformen bei ETFs und 401(k) sowie Deutschlands DAC8-Melderegeln ab 2026.

Wien laut ORF “der” Krypto-Hotspot

Der ORF widmete am 15. August 2025 einen TV-Beitrag dem Narrativ, Wien sei „weltweiter Hotspot für Kryptofinanzdienstleister“. Die Sendung “Wien als Krypto-Hotspot” verweist auf regulatorische Klarheit in der EU und auf die Rolle österreichischer Anbieter.

Der Untertitel “Die USA haben das Nachsehen – Europa und auch Österreich stehen hoch im Krypto-Kurs. Der Standort Wien ist für Finanzdienstleister ein sehr guter und wird zumindest derzeit noch den Vereinigten Staaten vorgezogen. Warum ist es dazu gekommen?” lässt darauf schließen, als sei würde sich die USA deutlich weniger aktiv mit Krypto identifizieren können. Aber ist das wirklich so?

Dass Wien gut aufgestellt ist in Sachen Krypto mag vielleicht berichtenswert sein, aber noch lange nicht in die Richtung, dass Europa die USA “weit hinter sich lasse” wie in dem Beitrag plädiert.

MiCA: Mehr Klarheit, mehr Anträge – aber kein Selbstläufer

Europas MiCA-Regelwerk gilt als weltweit erster umfassender Ordnungsrahmen für Krypto-Vermögenswerte. Sechs Monate nach der vollen Anwendbarkeit zieht eine aktuelle Auswertung Bilanz: 44 registrierte Krypto-Dienstleisterund 14 zugelassene Stablecoin-Emittenten in der EU; Spanien meldet mit BBVA die erste Bank, die unter MiCA registriert wurde. Das ist Substanz – aber eben der Beginn einer längeren Umsetzungskette mit offenen Flanken besonders hinsichtlich DeFi.

Nur weil MiCA funktioniert, heißt das nicht automatisch, dass Europa den globalen Takt vorgibt. Parallel entstehen in den USA konkurrenzfähige, teils ähnlich ausgerichtete Standards. Die jüngste US-Öffnung für in-kind-Schaffungen und -Rücknahmen bei Spot-Krypto-ETPs (Bitcoin/Ether) reduziert Friktionskosten und bringt die Produkte auf Augenhöhemit Rohstoff-ETPs.

Mica-regulierung

Österreichs Anbieter zwischen Regulierungsvorsprung und Realwirtschaft

Dass Wien als Standort profitiert, liegt auch an regional verankerten Anbietern. Bitpanda etwa meldete unmittelbar nach dem Stichtag weitere Business-Entwicklungen nach UK, während internationale Banken-Kooperationen in der EU/EMEA weiter ausgebaut werden. Das ist ein Zeichen von „Regulierung zieht Banking an“, aber kein Alleingang gegenüber den USA.

Bitpanda nutzt dabei das EU-Regelwerk, skaliert die B2B-Schiene Bitpanda Technology Solutions und nennt als Bankpartner u. a. Deutsche Bank, Société Générale, Raiffeisen, LBBW; am 18. August 2025 erfolgte zudem der Markteintritt im Vereinigten Königreich – ein Indiz, dass MiCA-Konformität auch außerhalb der EU Vertrauen stiftet. Einzelbeispiele belegen: Der EU-Regelrahmen kann Bankkooperationen erleichtern, ersetzt aber keine Markttiefe.

Gleichzeitig zeigt die DAC8-Umsetzung in Deutschland, wohin die Reise bei Steuer- und Melderegeln geht: Ab 2026 greifen in der EU breite Meldepflichten für Krypto-Transaktionen – ein Punkt, der die hiesige Szene spürbar beschäftigen wird. Mit Blick auf Meldepflichten ab 2026 lohnt es sich, die eigene Dokumentation sauber aufzusetzen – etwa mit einem Krypto-Steuer-Tool: Steuertools im Vergleich 2025.

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Europa vs. USA: Wer setzt den Takt?

Die These aus dem TV-Beitrag, Europa lasse die USA „weit hinter sich“, hält einer Faktenprüfung nicht stand. Ja, MiCA verschafft Klarheit und hilft beim Onboarding klassischer Finanzakteure. Doch die USA koppeln pensions- und kapitalmarktrechtliche Reformen (401(k), ETF-Mechanik) mit einer politischen Agenda, die dem Sektor institutionelle Tiefe verschafft. Beides zusammen ist für Liquidität und Kursbildung unmittelbarer relevant als Standort-Claims.

Spannend ist: Selbst europäische Beobachter verweisen inzwischen auf Parallelen zwischen GENIUS Act (US-Stablecoin-Rahmen) und MiCA-Prinzipien – etwa vollständige Reservedeckung und Zinsverbote –, während Europa mit offenen Baustellen (DeFi) ringt. Das Kräfteverhältnis ist damit bestenfalls offen – von einem klaren EU-Vorsprung kann jedenfalls keine Rede sein.

Währenddessen Strukturreform in den USA

Auf US-Seite hat die Regierung im August 2025 die Tür für Alternative Assets in 401(k)-Plänen aufgestoßen; ein Kurswechsel dank Project Crypto zugunsten breiterer Allokationen – inklusive Digital-Assets. Parallel hat die SEC nach zähem Ringen in-kind Creation/Redemption für Krypto-ETPs ermöglicht. Diese beiden Hebel – Pensionskanal und ETPs – vergrößern den US-Kapitaltrichter in Richtung Bitcoin & Co.

Außerdem sorgt die im März per Executive Order geschaffene Strategische Bitcoin-Reserve weiter für Debatten. Am 16. August präzisierte Finanzminister Scott Bessent nach TV-Aussagen: Der Staat kauft derzeit nicht aktiv zu, stoppt Verkäufe und baut die Reserve primär über eingezogene Bestände auf; „budget-neutrale“ Zukäufe bleiben als Option im Raum, ruderte doch wenig später von dieser Aussage zurück, Coinspeaker berichtete.

Marktdaten zeigen, dass US-ETFs nach dem SEC-Schritt nicht automatisch nur Zuflüsse sehen. Dafür erreichte jedoch am 16. August die Bitcoin-Allokation ein Allzeithoch. Damit lässt sich die ORF-These vom „Nachsehen“ der USA so nicht bestätigen: Die USA bleibt der größte Liquiditäts-Hub für Krypto.

Fazit: Europas Vorsprung ist Regulierung, Amerikas ist Kapital

Der ORF-Beitrag trifft einen Nerv, überspannt aber den Bogen. Europa hat mit MiCA und Einzelinitiativen im DACH-Raum Boden gutgemacht, USA setzen zeitgleich strukturelle Marktsignale bei Altersvorsorge und ETF-Architektur. Für Anleger bedeutet das: Der Wettlauf ist global – und wird auf der Ebene harte Infrastruktur und rechtssichere Produkte entschieden, nicht in Imagefilmen.

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