Terra-Gründer Do Kwon erhält 15 Jahre Haft wegen Betrugs rund um UST und LUNA. Hintergründe zum Urteil über einen 40-Milliarden-US-Dollar-Betrug.
Mit dem Urteil gegen Do Hyeong „Do“ Kwon zieht ein Bundesgericht in New York einen späten, aber klaren Schlussstrich unter den Terra-Komplex. Der Mitgründer von Terraform Labs wurde dort zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er Anleger mit einem Geflecht aus Täuschungen rund um den Stablecoin TerraUSD (UST) und den Token LUNA in die Irre geführt und so einen Kollaps ausgelöst hat, der nach Angaben der US-Justiz über 40 Milliarden US-Dollar an Marktwert vernichtete. Alle Infos.
Do Kwon zu 15 Jahre Haft verurteilt
Die Terra-Saga hat ihren juristischen Höhepunkt erreicht. Der südkoreanische Unternehmer Do Hyeong „Do“ Kwon, Mitgründer von Terraform Labs und Architekt des algorithmischen Stablecoins TerraUSD (UST), ist vom Bundesgericht im Southern District of New York zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Richter in Manhattan sehen in dem Fall keinen gewöhnlichen Krypto-Skandal, sondern einen beispiellosen Betrug, der nach offiziellen Angaben über 40 Milliarden US-Dollar an Anlegervermögen vernichtet hat.
US-District-Judge Paul A. Engelmayer ging mit seiner Strafhöhe deutlich über die Empfehlung der Staatsanwaltschaft hinaus, die zwölf Jahre gefordert hatte, während die Verteidigung maximal fünf Jahre Haft für angemessen hielt. Stattdessen bescheinigte der Richter Kwon einen „Betrug in epischem, generationenübergreifendem Ausmaß“.
Crypto founder Do Kwon sentenced to 15 years in prison https://t.co/LFF22U0wFH
— Financial Times (@FT) December 11, 2025
Die Vorwürfe
Die nun vollzogene Verurteilung basiert auf einem Schuldbekenntnis, das Kwon im August 2025 abgelegt hat. Er gestand sich unter anderem Verschwörung zum Betrug und Drahtbetrug ein, nachdem ihn die US-Behörden zuvor in insgesamt neun Punkten angeklagt hatten, darunter Wertpapierbetrug, Warenbetrug und Geldwäsche-Verschwörung.
Laut der offiziellen Mitteilung der Staatsanwaltschaft für den Southern District of New York orchestrierte Kwon zwischen 2018 und 2022 mehrere Betrugsschemata rund um Terraform Labs und die von der Firma emittierten Stablecoin. Kernstück war das sogenannte „Terra-Protokoll“, mit dem der algorithmische Stablecoin TerraUSD (UST) dauerhaft an den US-Dollar gekoppelt sein sollte. Laut Kwon sollte diese Kopplung allein durch einen Algorithmus und Marktanreize sichergestellt werde.
Hier setzt der Vorwurf an: US-Ermittler werfen Kwon vor, er habe Investoren gezielt getäuscht, indem er die Stabilität des Systems massiv überzeichnet und kritische Eingriffe im Hintergrund verschwiegen habe. So räumt die Anklageschrift ein, dass der scheinbar erfolgreiche „Re-Peg“ von UST im Mai 2021 nicht etwa das Ergebnis eines autonomen Algorithmus war, sondern durch den massiven Ankauf von UST durch ein Hochfrequenz-Handelsunternehmen künstlich herbeigeführt wurde.
Ein weiterer zentraler Punkt betrifft die Luna Foundation Guard (LFG), jene Stiftung, die offiziell als unabhängiger Hüter milliardenschwerer Reserven zur Verteidigung des UST-Pegs vorgestellt wurde. Laut US-Justiz stand die LFG faktisch unter direkter Kontrolle Kwons, der Mittel zwischen Stiftung und Unternehmen hin- und herschob, hunderte Millionen US-Dollar abzog und diese über komplexe Transaktionen zu verschleiern versuchte.
Hinzu kommt das Mirror-Protokoll, mit dem Terraform synthetische Aktien auf Basis der Terra-Blockchain anbot. Kwon stellte Mirror öffentlich als dezentral dar, während Ermittler ihm vorwerfen, im Hintergrund Handelsbots eingesetzt, Kennzahlen zur Nutzeraktivität künstlich aufgebläht und so eine Scheindynamik erzeugt zu haben.
15 Jahre Haft, Millionen-Abschöpfung – das Signal aus Manhattan
Im Mittelpunkt der Urteilsverkündung standen nicht nur die technischen Details des Terra-Ökosystems, sondern die massiven Folgen für hunderttausende Anleger weltweit. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft summierten sich die Verluste infolge des TerraUSD- und LUNA-Crashs auf über 40 Milliarden US-Dollar, wobei Engelmayer von bis zu einer Million potenziell Betroffener sprach.
Der Richter rügte in der Verhandlung sowohl den Vorschlag der Staatsanwaltschaft als „unvernünftig milde“ als auch den Antrag der Verteidigung als „vollkommen undenkbar“ und hob hervor, dass nur wenige Fälle im US-Bundessystem ähnlich hohen finanziellen Schaden verursacht hätten. Das Gericht entschied sich deshalb für eine 15-jährige Haftstrafe. Das gesetzliche Maximum läge bei 25 Jahren.
Neben der Freiheitsstrafe ordnete das Gericht den Verfall von mehr als 19 Millionen US-Dollar an – darunter Kwons Beteiligungen an Terraform und zugehörigen Kryptowerten –, die als Erlöse aus den betrügerischen Aktivitäten eingestuft wurden. Die Staatsanwaltschaft betont, Kwon habe seine Betrugserlöse teils genutzt, um politischen Schutz im Ausland zu erkaufen, während er sich gleichzeitig öffentlich als kooperativ mit den Behörden dargestellt habe.
Betroffene schilderten, wie der Terra-Kollaps Ersparnisse, Wohltätigkeitsfonds und Altersvorsorgen zerstört habe; einzelne Anleger berichteten von zerrütteten Familienverhältnissen und existenziellen Krisen.
Dass Engelmayer mehrfach auf die öffentliche Inszenierung Kwons einging, zeigt sich auch außerhalb des Gerichtssaals: Auf X wies Zack Guzmán darauf hin, der Richter habe den berüchtigten „steady lads“-Tweet mindestens viermal in seiner Urteilsbegründung erwähnt.
By my count, Judge Engelmayer referenced Do Kwon’s „steady lads“ tweet no fewer than four times when he handed down his final 15 year sentence
Note to crypto founders that anything you tweet can and will be used against you in the court of law https://t.co/YIJvJp14QV
— Zack Guzmán ♻️ (@zGuz) December 11, 2025
Vom Krypto-Wunderkind zum verurteilten Betrüger
Kwon galt während des Bullenmarkts 2020/2021 als Posterboy der DeFi-Szene. Terraform Labs präsentierte TerraUSD und LUNA als Basis einer neuen, dezentralen Finanzwelt mit eigenem Geldsystem, Sparprodukten und Renditen von zweistelligen Prozentsätzen.
Im Frühjahr 2022 erreichte der Gesamtmarktwert von UST und LUNA laut US-Justiz mehr als 50 Milliarden US-Dollar, bevor im Mai desselben Jahres der Peg von UST endgültig brach und das gesamte Konstrukt innerhalb weniger Tage kollabierte. Der Crash löste eine Kettenreaktion aus, an deren Ende unter anderem große Krypto-Kreditgeber wie Voyager Digital, BlockFi und Genesis in die Insolvenz rutschten.
Kwon selbst versuchte zunächst, den Vorgang zu verharmlosen und Vertrauen zu erzeugen. Sein inzwischen ikonischer Tweet „Deploying more capital — steady lads“ vom Mai 2022 steht heute sinnbildlich für die Diskrepanz zwischen öffentlicher Fassade und internen Problemen des Terra-Ökosystems.
Nach dem Kollaps versuchte Terraform Labs, das Geschäft von Singapur aus neu aufzubauen, während Behörden in den USA und Südkorea Ermittlungen einleiteten. Kwon reiste durch mehrere Länder, bevor er im März 2023 in Montenegro wegen gefälschter Reisedokumente festgenommen und im Dezember 2024 an die USA ausgeliefert wurde.
Im April 2024 hatte ein US-Bundesgericht Kwon und Terraform bereits in einem Zivilverfahren der Börsenaufsicht SEC wegen Falschinformationen gegenüber Investoren haftbar gemacht; in der Folge akzeptierten beide eine Milliarden-Zahlung und ein lebenslanges Verbot, im US-Markt mit Kryptowerten zu agieren. Dieses Zivilverfahren ebnete den Weg für das nun abgeschlossene Strafverfahren in New York.
Deploying more capital – steady lads
— Do Kwon 🌕 (@stablekwon) May 9, 2022
Terra als Mahnmal: Was das Urteil für Krypto-Anleger bedeutet
US-Behörden ordnen den Terra-Crash ausdrücklich als einen Auslöser der „Krypto-Winter“-Phase ab 2022 ein und sehen einen Zusammenhang mit der späteren FTX-Pleite (immerhin gab es im September Auszahlungen in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar an Gläubiger). Damit ist der Skandal ein klares “Black-Swan-Event”, das zwar nicht vorhergesehen werden kann, dennoch aber bei jeder Kryptoprognose miteinberechnet werden sollte.
Richter Engelmayer und die Staatsanwaltschaft betonen in ihren Stellungnahmen, dass die harte Strafe auch eine abschreckende Wirkung auf andere Gründer im digitalen Asset-Sektor haben soll. Parallel verweisen Regulierer und Kommentatoren seit Monaten darauf, dass der Fall Terra als Argument für strengere Vorgaben bei Stablecoins und Krypto-Produkten insgesamt dient – etwa bei Kapitalpuffern, Transparenzpflichten und Haftungsfragen.
next