Bitcoin am Limit: Warum die 90.000-Dollar-Rallye auf wackligen Beinen steht

Der Bitcoin steigt auf ein Rekordhoch, doch Experten erkennen klare Warnsignale. Die Rallye basiert auf spekulativem Handel – Stabilität fehlt.

Sergei Timurov von Sergei Timurov Updated 6 Min. read
Bitcoin am Limit: Warum die 90.000-Dollar-Rallye auf wackligen Beinen steht

Das Wichtigste in Kürze

  • Bitcoin erreichte ein Rekordhoch von 90.353 US-Dollar, doch die Kursrallye wird maßgeblich von spekulativem Futures-Handel und nicht von realer Nachfrage getrieben.
  • US-Investoren bleiben zurückhaltend: Outflows bei ETFs und ein negativer Coinbase-Premium kühlen das Marktklima ab, während nur massive Firmenkäufe für positive Impulse sorgen.
  • Die aktuelle Entwicklung bleibt fragil, Experten erwarten eine Konsolidierung und keine stabile Jahresendrallye.

Nach monatelanger Seitwärtsbewegung brachte die Vorweihnachtszeit endlich wieder Dynamik in den Kryptomarkt: Bitcoin überschritt am Montagmorgen die beachtliche Schwelle von 90.000 US-Dollar und sorgte damit weltweit für Schlagzeilen. Doch hinter der glänzenden Fassade verbirgt sich Unsicherheit – ist dieser Preisanstieg wirklich nachhaltig?

Ein genauer Blick auf die Kursdaten, Marktströme und Handlungsweisen großer Akteure enthüllt, wie außergewöhnlich dieser Anstieg war und warum die kommenden Wochen entscheidend für den weiteren Verlauf sein dürften. Wer den Krypto-Markt aufmerksam verfolgt, bekommt hier einen tiefgehenden Einblick in die Hintergründe, Mechanismen und Prognosen nach dem Rekordhoch.

Futures statt Fundament: Ein Bitcoin Anstieg, der Fragen aufwirft

Hinter dem spektakulären Preisfeuerwerk bei Bitcoin steckt weniger eine Flut neuer Investoren, sondern vielmehr die starke Aktivität im Bereich der Krypto-Derivate – insbesondere bei Bitcoin-Futures. Während der Spotmarkt – also der Handel mit tatsächlichen Coins – kaum ein auffälliges Volumen aufwies, zogen offene Positionen (Open Interest) und das kumulierte Volumen (CVD) bei den Perpetual-Futures deutlich an. Diese für Derivat-bewegte Anstiege typische Divergenz zeigt, dass viel „heißes Geld“ im Spiel ist: Wetten mit Hebelwirkung treiben die Kurse kurzzeitig nach oben, ohne dass echte Nachfrage nach Exposure an physischem Bitcoin besteht. Solche Rallyes sind notorisch anfällig für abrupte Richtungswechsel und Preiskorrekturen, da sie von kurzfristigem Kapital und spekulativen Motiven getrieben werden.


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US-Investoren misstrauen dem Hype: Coinbase-Premium dreht ins Minus

Ein weiterer warnender Fingerzeig liefert der sogenannte Coinbase-Premium-Indikator, der die Preisdifferenz zwischen der US-Handelsplattform Coinbase und internationalen Börsen misst. Während positive Werte auf aggressive Käufe US-amerikanischer Investoren deuten, ist der Premium zuletzt wieder negativ geworden. Gerade aus den USA – traditionell dem wichtigsten Markt für digitale Assets – bleibt damit die bestätigende Nachfrage aus. Diese Entwicklung legt nahe, dass ein Großteil der jüngsten Kursgewinne nicht von robusten US-Mitteln gespeist wurde. Wenn große Gelder ausbleiben, fehlt dem Markt das nötige Fundament, um auf dem erreichten Niveau nachhaltige Stabilität zu etablieren.

ETF-Outflows senden ein deutliches Warnsignal

Unter Experten gelten Exchange Traded Funds (ETFs) für Bitcoin als wichtigster Gradmesser institutioneller Marktstimmung, doch gerade hier zeigen die Daten eine gefährliche Schwäche. In den letzten Wochen zogen Anleger kontinuierlich Gelder aus US-Bitcoin-ETFs ab, anhaltende Nettomittelabflüsse (Outflows) setzen damit dem Markt zu. Diese Entwicklung widerspricht dem Bild einer echten Rallye und unterstreicht, dass professionelle Investoren offenbar auf fallende oder stagnierende Kurse setzen. Die Zurückhaltung von Großanlegern heißt, dass kein starker, stabiler Boden für eine anhaltende Aufwärtsbewegung existiert. Nur wenn sich dieser Trend umkehrt, könnte frische institutionelle Nachfrage für einen nachhaltigen Schub sorgen.


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Corporate Treasuries bringen Hoffnungsschimmer

Zwischen all den Warnsignalen meldet sich aber mindestens ein Bereich mit markantem Optimismus: In der vergangenen Woche flossen laut DeFiLlama beachtliche 2,23 Milliarden US-Dollar in Digital Asset Trusts (DATs) und damit in firmeneigene Krypto-Treasuries. Das entspricht einem Anstieg von 72 Prozent gegenüber der Vorwoche und markiert den stärksten Wochenzuwachs seit September. Besonders auffällig: Dieses Kapital floss vorrangig in Bitcoin, Ethereum und XRP. Als entscheidender Impulsgeber gilt die jüngste Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed, die damit offenbar institutionellen Investoren einen neuen Anlass zum Einstieg gab. Das Beispiel zeigt, dass das Interesse der Unternehmen trotz kurzfristiger Unsicherheiten keinesfalls erloschen ist.

Jahresend-Rallye oder kurzes Strohfeuer? Stimmen aus dem Bitcoin-Markt

Während manche Marktteilnehmer noch auf die viel zitierte ‚Santa Rally‘ hoffen, sehen andere bereits einen Wendepunkt. Auf der Prognoseplattform Myriad, die mehrheitlich von Profi-Anlegern genutzt wird, glaubt nur ein Bruchteil der User an einen nachhaltigen Ausbruch über die Feiertage – und billigt der Jahresend-Rallye lediglich eine 3-prozentige Wahrscheinlichkeit zu. Viele Experten betrachten das aktuelle Kursniveau ohnehin eher als eine Phase der Konsolidierung, also eine Seitwärtsbewegung in bekannten Preisspannen. Sie sehen starke Widerstände nach oben und wiederholte Rückschläge oberhalb der 90.000 US-Dollar, die auf eine „Überhitzung“ und die Rückkehr abwartender Verkäufer hindeuten.

Technische Hürden: Repeated Rejections und nachlassende Open Interest

Die Charttechnik liefert ein weiteres Indiz für die aufziehende Unsicherheit. Trotz mehrerer Versuche konnte sich der Bitcoin-Preis zuletzt nicht nachhaltig oberhalb von 90.000 Dollar behaupten – sogenannte „Repeated Rejections“ am Widerstandsniveau waren die Folge. Gleichzeitig nimmt das aggregierte Open Interest, also das Gesamtvolumen aller kurzfristigen Kontrakte, seit Ende November kontinuierlich ab. Eine solche Konstellation spiegelt eine motivierte Verkäuferseite und eine nachlassende Kaufbereitschaft wider. Für Trader bedeutet das: Die Wahrscheinlichkeit plötzlicher – auch steiler – Rücksetzer ist gestiegen, ebenso wie das Risiko von Liquidationen bei zu riskanten Hebelwetten.


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Analysten erwarten Bitcoin Seitwärtsphase statt neuer Trends

Georgii Verbitskii, Gründer der DeFi-Plattform TYMIO, sieht die Lage nüchtern: Für ihn ist der Bereich zwischen 85.000 und 95.000 Dollar eine klassische Seitwärtsrange, in der kurzfristig keine klaren Signale dominieren. „Technisch gesehen ist Bitcoin aktuell weder stark noch schwach“, so Verbitskii gegenüber Decrypt. Erst mittelfristig, wenn feststeht, ob Unternehmen mit Bitcoin-schweren Bilanzen weiterhin in wichtigen Indizes wie dem MSCI verbleiben, könnte sich das Bild ändern. Bis dahin bleibe es beim „Abwarten“ – mit Möglichkeit zu überraschenden Ausschlägen, aber ohne überzeugende Argumente für einen nachhaltigen Bullenmarkt.

Experten-Range für die Feiertage – Bitcoin und Ethereum in engen Bahnen

Bitget-Chefanalyst Ryan Lee prognostiziert eine begrenzte Kursspanne für die kommenden Wochen: „Wir erwarten Bitcoin im Bereich 86.000 bis 93.000 Dollar, Ethereum dürfte zwischen 2.800 und 3.200 Dollar handeln“, verrät er im Interview. Haupttreiber für Aufwärtsdynamik könnten laut Lee lediglich eine Rückkehr institutioneller Zuflüsse oder regulatorische Fortschritte sein – beides ist über die Feiertage jedoch unwahrscheinlich. Für Privatanleger heißt das: Es wird keine spektakuläre Jahresendrallye erwartet, sondern vielmehr eine ruhigere Marktphase mit einer tiefen Konsolidierung. Wer jetzt einsteigen möchte, sollte sich der erhöhten Volatilität und der Unsicherheit über die weitere Richtung bewusst sein.

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Bitcoin Ausblick: Vorsicht bleibt das Gebot der Stunde

Als Fazit bleibt, dass der jüngste Anstieg des Bitcoin-Kurses auf 90.000 US-Dollar vieles von einem Strohfeuer hat und auf einem wackeligen Fundament steht. Die Impulse kamen maßgeblich aus kurzfristig orientierten Derivatemärkten und nicht über organische Nachfrage. Fehlende Unterstützung durch US-Anleger und zurückhaltende ETFs mahnen zur Vorsicht. Lediglich die starken Zuflüsse von Firmen und institutionellen Akteuren könnten ein positives Signal senden – dennoch bleibt die Lage fragil. Wer in den kommenden Wochen investiert, sollte sich über die gestiegenen Risiken und die Möglichkeit plötzlicher Korrekturen bewusst sein.

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Sergei Timurov

Sergei Timurov ist seit 2016 großer Bitcoin Fan und ihn begeistert die Freiheits Idee sowie die Unabhängigkeit von Bitcoin. Sergei ist Bitcoin Maximalist und der Überzeugung, dass sich nur Bitcoin für einen langfristigen Vermögensaufbau eignet. Neben seinen journalistischen Tätigkeiten betreibt Sergei Bitcoin Mining und Freistil-Ringen sowie kocht köstliche Gerichte aus seiner ursprünglichen Heimat Georgien.

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