Bitcoin-Bundesverband mit ESG-Paper: Unternehmen sollten umdenken

Der Bitcoin-Bundesverband zeigt mit seinem 77‑seitigen Arbeitspapier, wie Unternehmen Bitcoin als profitable ESG-Strategie einsetzen können.

Pia Messerschmitt By Pia Messerschmitt Updated 6 mins read
Bitcoin-Bundesverband mit ESG-Paper: Unternehmen sollten umdenken

Das Wichtigste in Kürze

  • Hauptthese des Bitcoin-Bundesverbands: Bitcoin als strategisches Nachhaltigkeitstool mit wirtschaftlichem Nutzen einsetzen.
  • Das 77-seitiges Arbeitspapier vom Bitcoin-Bundesverband zusammengefasst.
  • Acht konkrete Unternehmensanwendungen heute.
  • Strategisches Umdenken für Unternehmen im Bezug auf Bitcoin?.

Wenn man den Diskurs über Bitcoin im Mainstream verfolgt, dann kommt oft das Bild des Klimasünders auf: energiehungrig, ineffizient, überflüssig. Klar, Bitcoin-Mining braucht Strom, das lässt sich nicht leugnen. Nur ist der Stromverbrauch, jedenfalls für den Bitcoin-Bundesverband, kein Problem, sondern vielmehr Teil der Lösung. Dafür liefern sie in einem aktuellen Arbeitspapier belastbare Daten für “Bitcoin als Nachhaltigkeitstool”, konkrete Anwendungsbeispiele und einen Weckruf an die Unternehmenswelt.

Wer ist der Bitcoin-Bundesverband?

Der Bitcoin-Bundesverband e.V. wurde am 26. September 2024 im Bundestag gegründet. Der Bitcoin-Bundesverband e.V. gilt als Interessenvertretung für Unternehmen, die sich technologisch und ökonomisch mit Bitcoin befassen. Ziel ist es, den politischen Dialog über Bitcoin auf Grundlage von Expertise, Daten und Praxisbeispielen zu versachlichen. Der Verband agiert unabhängig und positioniert sich bewusst fokussiert auf Bitcoin.

bitcoin verband

Offizielle Landing-Page des Bitcoin-Bundesverbands

Bitcoin laut Bitcoin-Bundesverband als “Nachhaltigkeitstool”

Am 17.06. veröffentlichte der Bitcoin-Bundesverband nun ein 77-seitiges Arbeitspapier. Der Titel des Berichts klingt zunächst ziemlich generisch: „Bitcoin – Implikationen & Chancen für Unternehmen und Investoren unter Betrachtung von ESG“. Der Inhalt ist es allerdings nicht. Es handelt sich um ein strukturierte Argumentationen, wie mit Bitcoin ESG-Strategien effektiv und regulatorisch tragfähig umgesetzt werden können.

Zur Erinnerung: ESG steht für Environmental, Social, Governance; also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Diese drei Dimensionen gelten mittlerweile als zentrale Kriterien für Entscheidungen bezüglich unternehmerische Nachhaltigkeit. Sowohl Kapitalgeber, Kunden als auch selbstverständlich die Gesetzgeber verlangen zunehmend Nachweise und für verantwortungsbewusstes Handeln in kontrollierter Berichtdokumentation.

Der Bitcoin-Bundesverband will mit dem Arbeitspapier aufzeigen, wie Bitcoin eine Investition sein kann, die ESG-Kriterien erfüllt und “Nachhaltigkeitstool” sein kann. Konkret heißt es in der Pressemitteilung vom 17. Juni:

“Durch die Integration von Bitcoin-Mining in regenerative Energiekonzepte kann – entgegen landläufiger Kritik – ein positiver Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.“

Empfehlungen des Bitcoin-Bundesverbands für Bitcoin als Investition unter Berücksichtigung der CSRD-Richtlinie der EU

Wie viele Unternehmen kommen aktuell wohl mit ein paar wohlklingenden Nachhaltigkeitsfloskeln durch? Green Washing als Geschäftsmodell. Dagegen soll die CSRD-Richtlinie der EU vorgehen. Diese Richtlinie verpflichtet Unternehmen zur einer verbindlichen und detaillierten Berichterstattung über ihre Nachhaltigkeitsleistung. Wer also regulatorisch auf der sicheren Seite sein will, muss Zahlen liefern: Wie viel CO₂ wird emittiert? Wie wird Energie tatsächlich bezogen? Wie transparent ist die eigene Lieferkette? Usw.

Berichtet werden muss künftig nach: Emissionen (ESRS E1), soziale Auswirkungen in der Lieferkette (ESRS S2), und die Unternehmensführung selbst (ESRS G1). Die Autoren des Berichts zeigen in ihrem Bericht konkrete Beispiele auf, wie genau Unternehmen mit einer Bitcoin-Investition ihren Berichtspflichten gemäß CRSD gerecht werden.

Acht konkrete Anwendungsszenarien

Bitcoin braucht Strom, keine Frage. Aber wer deshalb gleich die Umweltapokalypse ausruft, blendet aus, worum es eigentlich geht: Wie dieser Strom erzeugt wird, wofür er genutzt wird und was daraus entsteht.

Acht konkrete Felder bereiten die Autoren in dem Papier auf, wie Unternehmen Bitcoin gemäß ESG-Standards und CSRD heute nutzen können. Im folgenden eine sehr verkürzte Zusammenfassung, der vollständige Bericht ist hier nachzulesen.

Arbeitspapier Bitcoin-Verband

Arbeitspapier Bitcoin-Verband

1. Bitcoin als Treasury-Strategie

Bitcoin kann in der Unternehmensbilanz als digitales Anlagegut eingesetzt werden. Aufgrund seiner algorithmisch begrenzten Umlaufmenge auf 21 Millionen Einheiten gilt er als inflationsresistentes Wertaufbewahrungsmittel. Unternehmen nutzen ihn, um ihre Kapitalreserven abzusichern und unabhängig von zentralbankgesteuerten Währungen zu diversifizieren. Das ESG-Papier verweist auf diese Funktion ausdrücklich als Bestandteil einer resilienten Treasury-Strategie.

2. Payment-Streaming und Pay-per-Use

Bitcoin ermöglicht durch das Lightning-Netzwerk Echtzeitzahlungen mit sehr niedrigen Transaktionskosten. Dadurch lassen sich Pay-per-Use-Modelle und automatisierte Zahlungsvorgänge realisieren. Ideal für etwa IoT-Anwendungen, für Predictive-Maintenance-Modelle oder im industriellen Kontext dort, wo Micropayments bisher an Transaktionskosten scheiterten.

3. Lieferkettentransparenz durch Blockchain-Technologie

Transaktionen auf der Bitcoin-Blockchain sind öffentlich einsehbar, nicht manipulierbar und dauerhaft nachvollziehbar. Diese Eigenschaften machen die Technologie für den Einsatz in Lieferketten perfekt geeignet, speziell zur Dokumentation von Herkunft, Zeitpunkten und Bedingungen einzelner Produktionsschritte. Das is im Kontext „Soziale Auswirkungen der Lieferkette“ (ESRS S2) wichtig.

4. Dezentralisiertes Crowdfunding und Kapitalzugang

Wer braucht noch eine Bank, wenn eigentlich ein Wallet reicht? Bitcoin ermöglicht direkten Kapitaltransfer ohne Zwischenschaltung traditioneller Finanzinstitute. Die Autoren legen nahe, dass Bitcoin-basierte Finanzierungslösungen gerade in unterversorgten Märkten Zugang zu Kapital schaffen können.

5. Verwaltung digitalisieren mit Blockchain-Infrastruktur

Notariate, Eigentumsregister, etc. sind teuer. Verwalter sind immer teurer, langsamer und anfälliger für Manipulation als die transparente Bitcoin-Blockchain. Durch die Unveränderbarkeit der Datenstrukturen lassen sich Prozesse effizienter gestalten und potenzielle Manipulationen reduzieren. Im Paper wird dieser Punkt in Bezug auf Governance-Strukturen im Rahmen von ESG-Berichten (ESRS G1) genannt.

6. Integration in Energiemanagement und Netzstabilisierung

Moderne Mining-Farmen passen sich laut Arbeitspapier mittlerweile längst ans Stromnetz an. Nach § 13k des deutschen Energiewirtschaftsgesetzes ist die Einbindung sogenannter „flexibler Lasten“ zur Stabilisierung der Stromnetze erlaubt. Mining-Anlagen können je nach Notwendigkeit an Stromüberschüsse oder Netzengpässe angepasst werden und tragen so zur Netzstabilisierung bei: dann hochfahren, wenn der Wind weht. Runterfahren, wenn das Netz überlastet ist. Statt also erneuerbaren Überschussstrom teuer abzuregeln, könnten das Geld Unternehmen mit Eigenerzeugung eher wirtschaftlich sinnvoll ins Mining stecken.

7. Nutzung von Überschussstrom in erneuerbaren Energiekontexten

Ein zentrales Argument des Berichts ist die wirtschaftliche Verwertung von nicht einspeisbarem oder überschüssigem Strom aus erneuerbaren Quellen. Warum Windräder oder Solar abschalten, wenn man mit dem Strom Bitcoin erzeugen kann? Konkret bedeute dies für Energieversorger eine neue Möglichkeit zur zusätzlichen Wertschöpfung und verbessere außerdem die Rentabilität erneuerbarer Energieprojekte. Stichwort “Dekarbonisierung”. In Kombination mit oben erwähntem Paragraphen § 13k EnWG können hier neue Geschäftsmodelle für Stadtwerke und Energiegenossenschaften entwickelt werden.

8. Abwärmenutzung im Rechenzentrumsbetrieb

Der Betrieb von Bitcoin-Mining-Hardware erzeugt kontinuierlich Wärme, die laut Autoren gezielt etwa für Gebäudeheizung, Fernwärme oder industrielle Prozesswärme genutzt werden. Insbesondere im urbanen Raum oder bei kalten Außentemperaturen erscheint es sinnvoll, diese thermische Energie in bestehende Heizsysteme zu integrieren. Dadurch sei die Energieeffizienz des Gesamtbetriebs erhöht und reduziere externe Wärmebereitstellung. Also ein Beitrag zur CO₂-Reduktion ganz im Sinne der ESG-Kriterien.

Fazit: Brauchen Unternehmen Bitcoin im Portfolio?

Das Arbeitspapier des Bitcoin-Bundesverbands zeigt, wie Bitcoin im unternehmerischen Kontext nicht als Widerspruch zu ESG-Kriterien verstanden werden muss. Bitcoin kann stattdessen struktureller Baustein für nachhaltige, transparente und dezentrale Systeme sein. Dabei macht der Bericht keinen Hehl aus der Kontroverse. Er setzt sich offensiv mit Kritikpunkten auseinander, benennt regulatorische Rahmenbedingungen und weist nach, wo Bitcoin faktisch zur Dekarbonisierung, zur finanziellen Inklusion oder zur Governance-Transparenz beitragen kann.

Natürlich bleibt alles abhängig von der individuellen und praktischen Umsetzung. Eine Bitcoin-Investition allein macht noch keine ESG-Strategie. Aber der Bericht liefert zumindest einen Denkansatz. In den USA nutzen bereits erste börsennotierte Unternehmen Bitcoin aktiv als strategisches Bilanzinstrument,  etwa im Kontext von ETFs und Treasury-Optimierung. Lies hier weiter, wie sich dieser Trend an der Wall Street entwickelt und warum das den Krypto-Zyklus verändert.

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Pia Messerschmitt

Pia ist Web3- und AI-Enthusiastin. Als studierte Geisteswissenschaftlerin liebt sie es, den Zeitgeist innerhalb der Gesellschaft zu beobachten und zu analysieren. Ehemalig im Think Tank und Forschungszentrum der Frankfurt School of Finance als Bitcoin-Talent und NFT-Talent im Frankfurt Blockchain Center. Wenn sie nicht gerade schreibt, surft sie gerne am Atlantik.

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