SPD greift Krypto-Haltefrist an: „Einkommen ist Einkommen“
Der Seeheimer Kreis der SPD will die einjährige Krypto-Haltefrist kippen. Was das politisch und steuerlich heißt – und wie sich Bitcoin-Anleger jetzt positionieren.
Union signalisiert Gegenwind – Debatte dürfte in der Koalition zur Nagelprobe werden.
Bitcoin-Kurs am 30 Oktober: rund 111.000 US-Dollar.
Ein neues Strategiepapier des Seeheimer Kreises fordert, die steuerfreie Ein-Jahres-Haltefrist für Kryptowährungen abzuschaffen – Veräußerungsgewinne sollen unabhängig von der Haltedauer besteuert werden. Der Vorstoß, verankert im Papier „Gerechtigkeit schafft Stärke“, könnte die Gesetzeslage für deutsche Krypto-Anleger grundlegend verändern und fügt sich in einen breiteren Push für den Digitalen Euro. Die Hintergründe.
SPD will Ein-Jahres-Frist für Kryptowährungen kippen
Ein Strategiepapier des Seeheimer Kreises, dem einflussreichen rechten Flügel der SPD-Bundestagsfraktion, sorgt in der Krypto-Szene für Ärger: Das Seeheimer Strategiepapier nennt ausdrücklich die „Eindämmung von steuerfreien Haltefristen“ – beispielsweise bei Kryptowährungen – als Leitplanke einer neuen Finanzpolitik. Konkret fordert das Papier, die derzeitige steuerfreie Haltefrist von einem Jahr für Kryptowährungen aufzuheben.
Künftige Veräußerungsgewinne sollen unabhängig von der Haltedauer einheitlich besteuert werden. Pointiert wird das mit dem Satz begründet, der die Debatte prägt: „Einkommen ist Einkommen – unabhängig davon, ob es aus Aktien, Krypto oder Immobilien stammt.“
Als treibende Kräfte hinter dem Papier stehen die SPD-Abgeordneten Parsa Marvi und Philipp Rottwilm. Verortet wird der Vorstoß im Rahmen des Koalitionsvertrags zwischen SPD und Union – zugleich versteht sich das Papier als Angebot, „Leitplanken für die Finanzpolitik von morgen“ zu setzen.
Der Seeheimer Kreis, ein Zusammenschluss von SPD-Bundestagsabgeordneten, spricht sich für die Abschaffung der Steuerfreiheit bei Krypto-Gewinnen aus. 🇩🇪👀
Unter der Überschrift „Digitale Zahlungsmittel: Chancen nutzen, Risiken erkennen“ heben die Seeheimer den geplanten Digitalen Euro als „staatlich reguliertes, verlässliches digitales Zahlungsmittel“ hervor, das das Bargeld „sinnvoll ergänzt“ und europäische Souveränität stärken soll. Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum ordnen die Autoren demgegenüber als „private, hochspekulative Vermögenswerte“ ein, verbunden mit „Risiken für Verbraucher:innen sowie für die Stabilität des Finanzsystems“. Konsequenz dieser Bewertung: Die Steuerfreiheit nach einem Jahr solle fallen – begleitet von zusätzlicher Regulierung und mehr Verbraucherschutz.
Parallel fordert der Flügel eine Reform bei Erbschaft- und Schenkungsteuer und spricht sich auch bei Immobiliengeschäften für eine „Eindämmung“ von Haltefristen aus – weiterer, politischer Sprengstoff.
Aktuelles Recht
Aus heutiger Sicht gilt: Gewinne aus der Veräußerung privat gehaltener Kryptowährungen fallen in Deutschland unter die „privaten Veräußerungsgeschäfte“ nach § 23 EStG. Entscheidend ist die Ein-Jahres-Frist: Wer Bitcoin & Co. länger als zwölf Monate hält, kann derzeit steuerfrei veräußern – auch nach vorherigem Staking oder Lending. Das hat das Bundesfinanzministerium 2022 klargestellt und im BMF-Schreiben vom 6. März 2025 fortgeführt. Den größeren Regulierungsrahmen auf EU-Ebene skizzieren wir hier: MiCA 2 am Horizont – Kann Europa bei digitalen Finanzen aufholen?
Doch das stünde mit dem Seeheimer-Vorschlag auf der Kippe. Wer bislang auf die steuerfreie Veräußerung nach Ablauf der Jahresfrist setzt, müsste künftig unabhängig von der Haltedauer mit einer Besteuerung rechnen – der Text zielt auf eine Gleichbehandlung mit Kapitalerträgen aus Aktien & Co. Für die praktische Umsetzung der eigenen Steuerdokumentation hilft im Übrigen unser Überblick: Die besten Krypto-Steuertools im Vergleich 2025.
Politische Lage: Push der SPD für den digitalen Euro
Kommt die Regelung wirklich? Fest steht vorerst nur eines: Der Vorstoß stammt von einem SPD-Flügel, nicht aus dem Gesetzblatt. In der Großen Koalition mit der Union dürfte die Abschaffung der Haltefrist auf Widerstand treffen – denn es gibt spürbarem „Gegenwind“ aus der CDU/CSU-Fraktion. Ob der Seeheimer-Entwurf den Sprung ins Gesetz schafft oder am Ende nur die innerkoalitionäre Debatte markiert, hängt davon ab, wie geschlossen der Widerstand ausfällt und welche Linie sich in den Verhandlungen durchsetzt.
Achtung, Bitcoiner! Mit seinem neuen Strategiepapier gibt der „konservative“ Seeheimer Kreis der SPD die Richtung vor: Der Staat soll sich neue Einkommensquellen erschließen und dazu u.a. auch die Haltefristen für Bitcoin und Krypto (und Immobilien) abschaffen, die zu den wenigen… pic.twitter.com/ylU3nwoY2w
Sollte die Haltefrist fallen, wäre das ein Systemwechsel: Langfristiges „Hodln“ würde steuerlich schlechter gestellt; Realisationsentscheidungen würden ihren bisherigen steuerlichen Taktgeber verlieren. Gleichzeitig könnte ein einheitlicher Kapitalertragsteuer-Mechanismus administrativ Klarheit schaffen – allerdings um den Preis einer höheren laufenden Steuerbelastung bei Verkäufen.
Bis dahin basieren Portfolio-Entscheidungen weiterhin auf der geltenden Regel – mit dem Zusatz, dass politische Risiken gestiegen sind. Das Seeheimer-Papier dient als Indikator, wie die SPD den Krypto-Sektor künftig behandeln will. Der Ball liegt nun bei der Regierung – und bei den Fraktionen, die entscheiden müssen, ob „Einkommen ist Einkommen“ bald auch für Bitcoin gilt.
Pia ist Web3- und AI-Enthusiastin. Als studierte Geisteswissenschaftlerin liebt sie es, den Zeitgeist innerhalb der Gesellschaft zu beobachten und zu analysieren. Ehemalig im Think Tank und Forschungszentrum der Frankfurt School of Finance als Bitcoin-Talent und NFT-Talent im Frankfurt Blockchain Center. Wenn sie nicht gerade schreibt, surft sie gerne am Atlantik.
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